Wo wird Weihnachten entschieden?

Weihnachten wird nicht unterm Baum, sondern in den Herzen entschieden. Dass dem so ist, zeigten die zahlreichen Zuhörer beim diesjährigen Adventskonzert in der Göltzschtalgalerie Nicolaikirche Auerbach.

Am 4. Adventssonntag strömten bis kurz vor 17 Uhr mehr als 200 Menschen in das im Gegensatz zu anderen Gotteshäusern recht kleine, mittelalterliche Kirchlein am Stadtrand von Auerbach. Als alle Konzertbesucher ihren Sitz- oder Stehplatz eingenommen hatten, zogen Sänger und Instrumentalisten in den Saal ein. Mit „Wachet auf, ruft uns die Stimme“, einem Kirchenlied von Philipp Nicolai (1556-1608), das Felix Mendelssohn Bartholdy (1809-1847) in seinem Oratorium „Paulus“ verwendet hat, gelang dem Chor ein fulminanter Konzerteinstieg. Dabei wurde er von Trompete, Posaune und Orgel unterstützt.

Nach der herzlichen Begrüßung durch den leitenden Dirigenten, Priester Steffen Fohlert, setzte der Chor die Einstimmung auf das bevorstehende Weihnachtsfest mit regional bekannten, zum Teil volkstümlichen Adventsweisen fort. So fühlten sich die Zuhörer beim Anhören des erzgebirgischen Liedes „O selicha Zeit“ – vertont und getextet vom Volksdichter Anton Günther (1876-1937) so richtig heimisch. Denn die erzgebirgische Mundart ähnelt der vogtländischen sehr. Anschließend beschrieb der Frauenchor mit „Was tönt so wundersamer Klang“ von Rudolf Lassel (1861-1918) wie die Glocken das nahende Fest ankündigen.

Danach hatten die Kinder ihren großen Auftritt. Die meisten von ihnen standen erstmalig vor so vielen Zuhörern. Doch von Aufregung keine Spur: Unbefangen und ohne Scheu luden sie mit ihren Liedern und Gedichten Groß und Klein ein, die Advents- und Weihnachtszeit zur Abwechslung mal wieder mit Kinderaugen zu betrachten. In ihrer Mimik und Gestik spiegelten sich pure Begeisterung und Freude wider, die ansteckend wirkten. So blieb es nicht aus, dass Applaus aufbrandete, nachdem ihr letzter Liedvortrag verklungen war.

Nun folgten kirchliche Weihnachtsweisen wie z. B. das von Paul Gerhard (1607-1676) geschriebene Lied „Wie soll ich dich empfangen“. Danach wurden die Konzertbesucher beim Anhören der Entstehungsgeschichte des weltweit bekanntesten Weihnachtsliedes „Stille Nacht“ in die Zeit um 1818 zurückversetzt. Durch die eindrucksvolle Rezitation fiel es nicht schwer, die Gefühlslage des Arnsdorfer Dorfschullehrers und Organisten Franz Xaver Gruber nachzuempfinden. Als dann das Lied selbst von Chor und Instrumentalisten feierlich vorgetragen wurde, wischte so mancher Zuhörer verstohlen eine Träne aus den Augenwinkeln.

Der erste Konzertteil endete mit dem Lied „O Bethlehem, du kleine“ von Ernst Heinrich Gebhardt (1832-1899). Chor und Solisten erzählten auf musikalische Weise, wie es im damaligen Bethlehem Josef und Maria ergangen war. Durch den Wechselgesang schien die Weihnachtsgeschichte lebendig zu werden: Die Zuhörer fühlten sich, als wenn sie mittendrin im damaligen Geschehen wären.

Jetzt folgte eine halbstündige Pause, die rege für einen ersten Gedankenaustausch über das bisher Erlebte, genutzt wurde.

Der zweite Teil des Auerbacher Adventskonzertes war geprägt vom Lobpreis Gottes, aber auch von Liedern, die nachdenklich stimmten. Der Gemeinde-Jugendchor - verstärkt durch einige junge Sänger aus der Kirchengemeinde Plauen - und die Band des Kirchenbezirkes gestalteten ihn. Neben englischsprachigen Liedern wie z. B. „A star is shining tonight“, einem traditionellen norwegischen Christmas-Song, brachten die jungen Sänger auch „Es werde Licht“ von Udo Jürgens (geb. 1934) zu Gehör. Eindringlich führten sie den Zuhörern vor Augen, dass es nicht auf die vielen verlockenden, jedoch vergänglichen Dinge ankommt. Denn die Seelen bleiben trotz allem leer. Vielmehr ist es an der Zeit, wieder mehr Licht, mehr Liebe, mehr Menschlichkeit in die Herzen zu lassen.

Das Konzert fand seinen Abschluss im gemeinsamen Gesang von „O du fröhliche“, einem der bekanntesten deutschsprachigen Weihnachtslieder.

Mit Standing ovations und Zugabe-Rufen bekundete das Publikum, wie sehr ihnen dieser Abend in der Göltzschtalgalerie Nicolaikirche Auerbach gefallen hat.

Eine kleine Überraschung hatten die Konzertierenden allerdings noch in petto: Der „Abendsegen“ aus der spätromantischen Oper „Hänsel und Gretel“ von Engelbert Humperdinck (1854-1921) sollte die Gäste nach Hause begleiten. Das ließen sich die Konzertbesucher nicht zweimal sagen. Flugs nahmen sie ihre Plätze wieder ein und lauschten andächtig dem gesungenen Gebet. Nachdem der letzte Ton verklungen war breitete sich zunächst Stille aus.
Plötzlich stand ein Zuhörer auf. Sichtlich bewegt sagte er, dass es ihn dränge, allen Mitwirkenden danke zu sagen. Er bescheinigte den Kindern, dem Gemeinde- und dem Jugendchor sowie den Instrumentalisten, Solisten und Rezitatoren, dass es ihnen gelungen sei, den Zuhörern Ruhe, Frieden, Freude, Begeisterung und Denkanstöße ins Herz zu legen.
Angefüllt mit vielerlei Eindrücken verließen Besucher, Sänger und Instrumentalisten das Veranstaltungshaus.

Wahrhaftig: Weihnachten wird nicht unter dem Baum entschieden, sondern in den Herzen der Menschen. Denn seit Christi Geburt haben wir die Möglichkeit, durch einen angenehmen und fairen Umgang ein Stück Himmel unter uns entstehen zu lassen. Sich füreinander einsetzen, füreinander beten, einander vergeben - das sind die Kennzeichen christlichen Miteinanders. Es geht um Gefühle und Harmonie; vor allem aber um unser Tun. Nicht immer haben wir einem anderen gegenüber positive Gefühle. Wir können uns trotzdem für ihn einsetzen, für ihn beten und nicht unversöhnlich sein.

Ein besonderer Dank gilt dem gesamten Team der Göltzschtalgalerie Nicolaikirche Auerbach unter der bewährten Leitung von Frau Romy Koglin und der Firma media@home hifiboehm GmbH, vertreten durch Herrn Jörg Sammler, für die Bereitstellung der Technik.

Text: s.c./Fotos: D.S.